Johannistag und Johanniskraut: die Lichtgestalt und das Sonnenkraut
Jedes Jahr am 24. Juni ist Johannistag. Mit diesem Tag sind in Süddeutschland zahlreiche Bräuche verbunden – und nicht nur das, auch eine ganz besondere Heilpflanze ist eng mit dem Johannistag verknüpft: das Johanniskraut. Welche Bedeutung hat der 24. Juni genau und wieso wird ihm das Johanniskraut zugeordnet?
Johannes der Täufer: Bußprediger und Lichtgestalt
Johannes der Täufer gilt in der christlichen Religion als Bußprediger und als Wegbereiter Jesus Christus. Am 24. Juni, dem Johannistag, wird der Geburtstag Johannes‘ des Täufers gefeiert. Der Tag liegt genau sechs Monate vor Heiligabend, der Geburtstag von Jesus Christus.
Seit jeher spielt die Lichtsymbolik am Johannistag eine wichtige Rolle. In der Bibel heißt es über Johannes den Täufer: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes“ (Lukas 1,78f).
Johannes soll später selbst gesagt haben: „Er (Jesus Christus) muss wachsen, ich aber muss abnehmen“ (Johannes 3,30).
Diesen Worten entsprechen auch die Sonnenstunden beider (Geburts-)Tage. Einige Tage vor dem 24. Juni gibt es die kürzeste Nacht und den längsten Tag im Jahreslauf (Sommersonnwende).
Nach dem 24. Juni werden die Tage wiederum kürzer und die Nächte immer länger. Bis zum 25. Dezember, der Geburt Jesus Christus, ab welchem es sich wieder genau umgekehrt verhält.
Johanniskraut (Hypericum perforatum): das Sonnenkraut
Das Johanniskraut ist als Heilpflanze Johannes dem Täufer geweiht. So wie Johannes als Lichtgestalt, so gilt das Johanniskraut als Lichtspeicher, der die Dunkelheit besiegt.
Genau am 24. Juni, dem Johannistag, soll die Heilpflanze geerntet werden. Das hat seinen Grund: denn an diesem Tag, wenn die Sonne ihren Höchststand im Jahr erreicht hat, ist die Wirkkraft des Johanniskrauts am stärksten.
Die Heilpflanze mit der stärksten Beziehung zum Licht
Das Johanniskraut fängt das Sonnenlicht ein, so sagt man. Es ist die Heilpflanze mit der stärksten Beziehung zum Licht.
Wissenschaftlich anerkannte Wirksamkeit bei Depression
Johanniskraut fördert die Aufnahme von Sonnenlicht und dessen Umwandlung in Nervenkraft. Mit der Beruhigung der Nerven können Schmerzen gelindert werden, denn Schmerzen werden durch Nerven ins Gehirn geleitet.
Doch auch für diejenigen, die sich beispielsweise häufig in Innenräumen mit künstlichem Licht aufhalten müssen, sei es aus Gründen des Berufes oder der Gesundheit, ist das Johanniskraut die richtige Heilpflanze: es hellt trübe Stimmung auf.
So ist das Haupteinsatzgebiet des Johanniskrauts bei leichten bis mittelschweren Depressionen und kurzfristig bei leichter depressiver Verstimmung. Diese positive Wirksamkeit ist wissenschaftlich bestätigt.
Johanniskraut und sein vielfältiger Einsatz in der Volksheilkunde
Darüber hinaus findet das Johanniskraut in der Volksheilkunde vielfältigen Einsatz. So wird es zum Beispiel auch bei Bettnässen eingesetzt – denn Bettnässen liegen meist seelische Ursachen zugrunde.
Der botanische Name „Hypericum“ geht vermutlich auf die griechischen Wörter „hyper“ für „über“ und „eikon“ für „Bild“ zurück. So kann davon ausgegangen werden, dass Johanniskraut früher auch gegen Geister und Spuk eingesetzt wurde.
Bereits Paracelsus empfahl das Johanniskraut bei Ängsten und bösen Träumen. Die perforierten Blätter interpretierte er als den Fingerzeig Gottes und setzte die Pflanze deshalb auch bei Stichverletzungen und schlecht heilenden Wunden ein.
Weitere Einsatzgebiete des Johanniskrauts in der Volksheilkunde sind:
- Muskel- und Nervenschmerzen
- Verstauchungen und Prellungen
- Hexenschuss
- Rheumatischen Schmerzen
- Gürtelroseschmerzen
- Verbrennungen und Sonnenbrand
- Stumpfe Verletzungen
- Blauen Flecken
- Ohrenschmerzen
- Narbenentstörung
- Geschwüre, Schuppenflechte oder Ausschläge
- Akne
- Blähungen
- Ischiasschmerzen
- Halsentzündungen
- Nasennebenhöhlenentzündung
- Gliederzittern älterer Menschen
Hauptwirkstoffe Hypericin und Hyperforin
Auch wenn Pflanzen Vielstoffgewächse sind und die Wirkung einer Heilpflanze immer aus einem komplexen Zusammenspiel all ihrer Wirkstoffe (sekundäre Pflanzenstoffe) heraus entsteht, gibt es bestimmte Hauptwirkstoffe, nach welchen die jeweilige Heilpflanze zur Behandlung eingesetzt wird.
So sind es beim Johanniskraut Hypericin und Hyperforin, welche als Hauptwirkstoffe gelten. Diesen sekundären Pflanzenstoffen wird die beruhigende und stimmungsaufhellende Wirkung der Heilpflanze zugeschrieben.
Johanniskraut selbst ernten
Wenn du nun selbst eine Johanniskraut-Tinktur, einen Johanniskraut-Tee oder ein Johanniskraut-Öl herstellen möchtest, dann solltest du das Johanniskraut natürlich bestenfalls auch selbst ernten.
Der beste Tag dafür ist der Johannistag am 24. Juni.
Doch keine Sorge, sollte es an diesem Tag zum Beispiel regnen oder du keine Zeit für die Ernte der Heilpflanze finden, so kannst du das natürlich auch an einem anderen Tag nachholen.
Von Juni bis September blüht das Johanniskraut und ist bereit zur Ernte. Generell ist der beste Tageszeitpunkt mittags bei Sonnenschein.
Fazit
Das Gebiet der Heilpflanzen umfasst so viel mehr als „nur“ die Pflanzen und ihre Heilwirkungen. Am Johanniskraut können wir wunderbar erkennen, welch mythische Bedeutung und Verknüpfung oft hinter Heilpflanzen und dessen Namen stecken.
Wie sagte bereits Aristoteles schon: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.
Oder wie sollen wir es uns sonst erklären, dass das Johanniskraut genau dann seine höchste Wirkstoffkonzentration enthält, wenn die Sonne im Jahreslauf ihren Höchststand erreicht?
Wie sollen wir es uns erklären, dass ausgerechnet das Johanniskraut, mit seiner starken Beziehung zum Licht, die Dunkelheit (Depression) besiegen kann?
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Übrigens, ich habe noch weitere Blogbeiträge zum Johanniskraut geschrieben:
Quellen
- https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/johannes-der-taeufer/ch/6791ed97aef1bc8b95f4fa9303cc689b/
- https://www.katholisch.de/artikel/172-taufer-und-lichtgestalt
- Cornelia Stern, Helga Ell-Beiser, Phytotherapie in Theorie und Praxis. Wirkstoffe verstehen – Heilpflanzen sinnvoll nutzen, Aarau und München 2022. S. 390 – 396.