Monographie: Tüpfel-Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Das Tüpfel-Johanniskraut erkennst du zum Beispiel an den schwarzen Pünktchen auf den Blüten. In diesen Öldrüsen befindet sich das ätherische Öl und Harze.
Familie:
Johanniskrautgewächse (Hypericaceae)
Verwendete Pflanzenteile:
Kraut (oberirdische Pflanzenteile)
Volksnamen:
- Echtes Johanniskraut
- Blutkraut
- Hartheu
- Jesuswundenkraut
- Herrgottsblut
- Johannisblut
- Konradskraut
- Wundkraut
- Hexenkraut
Wissenswertes:
Das Tüpfel-Johanniskraut zählt zur Familie der Johanniskrautgewächse, welche rund 560 Arten beinhaltet. In unseren Breitengraden wachsen neben dem Tüpfel-Johanniskraut auch andere Johanniskraut-Arten, doch nur das Tüpfel-Johanniskraut findet seine Verwendung als Heilpflanze.
Botanische Merkmale und Standort:
- Das Tüpfel-Johanniskraut wird 25–90 cm hoch
- Seine Blätter sind gegenständig angeordnet und elliptisch oder eiförmig, ganzrandig und kahl. Die Blätter sind zwischen 1,5–3 cm groß.
- Die goldgelben Blüten des Tüpfel-Johanniskrauts sind fünfzählig und mit schwarzroten Drüsen besetzt.
Das Tüpfel-Johanniskraut hat 3 besondere Merkmale, an denen du es von anderen Johanniskraut-Arten unterscheiden kannst.
1. Merkmal des Tüpfel-Johanniskrauts: der zweikantige Stengel
Das Tüpfel-Johanniskraut hat einen zweikantigen Stengel, was eine Besonderheit in der Pflanzenwelt darstellt. Denn die meisten Pflanzen haben einen runden oder vierkantigen Stengel.
2. Merkmal des Tüpfel-Johanniskrauts: die perforierten Blätter
Wenn du ein Blatt des Tüpfel-Johanniskrauts gegen das Licht hältst, wirkt es, als ob das Blatt durchlöchert wäre (perforiert). Doch die kleinen Punkte sind keine Löcher, sondern die Sekretbehälter, die das ätherische Öl und Harz der Pflanze enthalten.
3. Merkmal des Tüpfel-Johanniskrauts: der rote Farbstoff
Die dritte und letzte Besonderheit des Tüpfel-Johanniskrauts ist der blutrote Farbstoff (Hypericin), der zutage tritt, wenn du eine der Blüten zwischen den Fingern verreibst.
Blütezeit:
Juni bis September.
Standort:
Das Tüpfel-Johanniskraut wächst an Wegrändern, Gebüsch- und Waldrändern, mageren Weiden, auf Rasen, Heiden, Brachflächen, Böschungen, Bahnschotter und Ödflächen. Das Johanniskraut ist in Mitteleuropa sehr verbreitet und gilt deshalb als Pionier auf Böden aller Art.
Optimaler Erntezeitpunkt:
Um die größtmögliche Heilwirkung des Tüpfel-Johanniskrauts zu gewinnen, erntest du es am besten am Johannistag (23. Juni). Schneide es kurz über dem Boden ab, binde es zu Büscheln und trockne diese an der Luft an einem schattigen Ort.
Bitte ernte dabei nur so viel des Tüpfel-Johanniskrauts, wie du wirklich benötigst! Am besten sollte man hinterher nicht sehen können, dass du da warst. Nur dann schädigen wir die Pflanzen nicht und sorgen dafür, dass sie auch weiterhin wachsen und gedeihen können.
Inhaltsstoffe (Wirkstoffe):
- Wichtigste Wirkstoffe: Hypericin (auch als Hypericumrot bekannt) und Hyperforin
- Ätherisches Öl
- Harze
- Gerbstoffe
- Rutin
- Phlobaphene
- Rhodan
Wirkungen des Tüpfel-Johanniskrauts:
Fertigarzneimittel zur inneren Anwendung
- Stimmungsaufhellend
- Angstlösend
Johanniskraut-Öl zur äußeren Anwendung
- Entzündungshemmend
- Wundheilungsfördernd
- Antibakteriell
- Antiviral
Tee zur inneren und äußerlichen Anwendung
- Innerlich: leicht stimmungsaufhellend (mild antidepressiv)
- Entzündungshemmend
- Antioxidativ
- Zusammenziehend
Indikationen (Anwendungsgebiete):
Die Inhaltsstoffe des Tüpfel-Johanniskrauts in ihrer Gesamtheit regen die Drüsen der Verdauungsorgane (auch Galle) an. Das Tüpfel-Johanniskraut wirkt insgesamt tonisierend auf den Kreislauf.
Dazu gibt es eine weitere Reihe Indikationsgebiete, bei welchen das Tüpfel-Johanniskraut eingesetzt wird:
- Bei depressiven Zuständen/leichten Depressionen
- Bei allgemeiner Nervosität
- Bei Bettnässen (denn Bettnässen hat oft seelische Gründe, bei denen das Tüpfel-Johanniskraut unterstützend wirken kann)
- Bei Rheuma und Hexenschuss (Einreibung mit dem Öl)
- Zur Förderung der Wundheilung und Schmerzlinderung (bei Verstauchungen, Prellungen, Blutergüssen, zur Narbenbehandlung/Narbenentstörung)
- Zur Beruhigung eines nervös überreizten Magens
- Bei Lungen-, Magen-, Darm- und Gallebeschwerden
- Bei Verbrennungen
- Bei Muskelschmerzen
Zubereitung und Anwendung:
Tee (Infus) aus Tüpfel-Johanniskraut
Zur Zubereitung eines Tees mit Tüpfel-Johanniskraut übergießt du 1–2 gehäufte TL der Pflanze (getrocknet oder frisch) mit ca. 150 ml kochendem Wasser. Lasse den Tee 5–10 Minuten bedeckt ziehen und seihe ihn ab.
Zur Kur kannst du 2–3 Mal täglich eine Tasse Tee trinken.
Tüpfel-Johanniskraut-Öl
Mische 1 Teil Tüpfel-Johanniskraut mit 5 Teilen fettem Öl (z. B. Olivenöl) in einer dunklen Flasche. Lass das Öl dann 2 Wochen (im Dunklen) ziehen. Der Wirkstoff Hyperforin ist lichtempfindlich und baut sich schnell ab, weshalb das Öl in einer Braunglasflasche oder an einem dunklen Ort ziehen soll. Seihe das Öl danach ab und fülle es in dunklen Flaschen ab.
Das Tüpfel-Johanniskraut-Öl kannst du dann äußerlich zur Einreibung oder zur Weiterverarbeitung in Salben verwenden.
Das Öl wirkt innerlich eingenommen als leicht galletreibendes Mittel oder zur Beruhigung eines nervös überreizten Magens. 2 Mal täglich 1 TL Tüpfel-Johanniskraut-Öl sind die richtige Dosierung.
Nebenwirkungen:
Tüpfel-Johanniskraut macht lichtempfindlich. Deshalb solltest du während einer Kur oder kurz nach der Verwendung der Pflanze direktes Sonnenlicht meiden. Bei empfindlichen Personen können sonnenbrandartige Zustände entstehen.
Ansonsten hat das Tüpfel-Johanniskraut bei normaler Dosierung keine Nebenwirkungen und wird deshalb auch über längere Zeit gut vertragen.
Kontraindikationen:
- Schwere Depression
- Einnahme anderer Medikamente (Wechselwirkung)
Besonderheiten des Tüpfel-Johanniskrauts:
Der beste Erntezeitpunkt des Tüpfel-Johanniskrauts ist der 24. Juni (Johannistag). An diesem Tag erreicht die Sonne ihren Höchststand und man sagt, dass das Johanniskraut das Licht einfängt. Daher stammt auch sein Name.
Auch die Signatur der Pflanze lässt uns deutlich seine besonderen Fähigkeiten erkennen. Die gelben Blüten mit ihren vielen gelben Staubblättern erinnern uns an die strahlende Sonne.
Der bekannteste und beliebteste Einsatz des Tüpfel-Johanniskrauts ist bei milden Depressionen, Unruhe, Rastlosigkeit, Verstimmung, Nervosität, Traurigkeit und Melancholie. Die Heilpflanze bringt das Sonnenlicht in uns und vertreibt die innere Dunkelheit.
Schon Paracelsus riet dazu, das Johanniskraut so oft wie nur möglich einzusetzen, da es nicht nur den Menschen harmonisiere, sondern auch Rezepturen mit verschiedenen Komponenten.
Die vier nebeneinander liegenden Blütenblätter des Tüpfel-Johanniskrauts sind asymmetrisch geformt und sehen dadurch zusammen aus wie ein kleines Windrädchen.
Wenn du dir so eine Blüte einmal ansiehst und sie dir als Windrädchen vorstellst, wirst du genau erkennen können, welches Windrädchen in welche Richtung fliegen würde, wenn es könnte.
An jeder Pflanze gibt es Windrädchen, die nach rechts und welche, die nach links fliegen würden.
So zeigt uns das Tüpfel-Johanniskraut auch, welche Heilkräfte es noch in sich trägt. Durch die Flugrichtungen der Windrädchen nach rechts und nach links (bildlich gesprochen) heben sie sich gegenseitig wieder auf und übrig bleibt die Harmonie.
Thematisch passende Beiträge:
Quellen:
- Cornelia Stern, Helga Ell-Beiser, Phytotherapie in Theorie und Praxis. Wirkstoffe verstehen – Heilpflanzen sinnvoll nutzen, Aarau und München 2022, S. 390–395.
- Iris Schmidt, Lexikon der Heilpflanzen, Köln o. J., S. 138.
- Mannfried Pahlow, Das große Buch der Heilpflanzen. Gesund durch die Kräfte der Natur, München 1979. S. 181–183.
- Margot Spohn, Marianne Golte-Bechtle, Roland Spohn, Was blüht denn da?, 60. aktualisierte und erweiterte Auflage, die 1. Auflage erschien 1935, verfasst von Alois Kosch, Stuttgart 2021, S. 274.