Warum Bitterstoffe so gesund sind

Warum Bitterstoffe so gesund sind

Bitterstoffe machen gesund, das wusste bereits Hildegard von Bingen. Oder sollten wir besser sagen, das wusste Hildegard von Bingen noch? Denn das Wissen über die gesunden Bitterstoffe ist unserer heutigen Zeit fast verloren gegangen, unsere Ernährung enthält sie kaum mehr, viele Geschmäcker reagieren eher ablehnend darauf. Doch seit geraumer Zeit lebt das Bewusstsein über die Wichtigkeit und Gesundheit der Bitterstoffe wieder auf, das ist schön.

Warum Bitterstoffe so gesund und wichtig sind und mit welchen heimischen Wildpflanzen du ganz leicht Bitterstoffe zu dir nehmen kannst, zeige ich dir in diesem Artikel.

Sekundäre Pflanzenwirkstoffe: was sind Bitterstoffe?

Bitterstoffe zählen zu den sekundären Pflanzenwirkstoffen. Sekundäre Pflanzenwirkstoffe sind der Stoff, den Pflanzen produzieren, um sich vor Fressfeinden zu schützen: zum Beispiel durch einen bitteren Geschmack.

Sekundäre Pflanzenwirkstoffe sind Teil unserer täglichen Ernährung. Sie sind in Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen, Hülsenfrüchten und natürlich in den Wildpflanzen enthalten.

Sekundäre Pflanzenstoffe zählen nach dem neuesten wissenschaftlichen Stand für den Menschen nicht zu den essentiellen Nährstoffen, doch wirken sie sich nachweislich positiv auf vielerlei Stoffwechselprozesse aus.

Für die Bitterkeit verantwortlich: das Amarogentin

Für die Bitterkeit mancher selundärer Pflanzenwirkstoffe verantwortlich ist das Amarogentin. Es gehört zu den bittersten Naturstoffen überhaupt, sein Bitterwert beträgt 58.000.000. Das ist unglaublich viel, im Vergleich, der Bitterwert von Löwenzahn liegt bei 100.
Die Bitterkeit von Amarogentin könntest du noch in einer Verdünnung von 1 zu 58 Millionen schmecken – Wahnsinn, oder? 🙂

Warum sind Bitterstoffe so gesund?

Bitterstoffe sind so gesund, weil sie unsere Verdauungssäfte anregen. Sie sind mit einer therapeutischen Wirksamkeit bei Blähungen, Völlegefühl und Appetitlosigkeit belegt.

Daneben haben Bitterstoffe auch immunmodulierende und antientzündliche Eigenschaften.

Bitterstoffe entfalten ihre Wirkung schon im Mund, wo sie die Speichelbildung anregen. Du kennst das vielleicht: wenn du zum Beispiel nur an eine Grapefruit denkst, läuft dir bereits „das Wasser im Mund zusammen“.

Weil die Bitterstoffe bereits im Mund wirken, sind in dieser Verbindung Anwendungen wie Tee, Dekokte, Tropfen und Tinkturen am gebräuchlichsten.

Bitterstoffe stärken unsere Organe und helfen beim Abnehmen

Besonders unsere Organe profitieren von den Bitterstoffen. Bereits wenn wir sie im Mund verspüren, regen sie Gallenfluss und die Lebertätigkeit an. Auch unsere Magensekretion, die Bauchspeicheldrüsen-Funktion und die Blutbildung werden positiv von Bitterstoffen beeinflusst.

Bitterstoffe erleichtern die Fettverdauung. Sie können beim Abnehmen helfen und den Heißhunger auf Süßigkeiten lindern.

Wenn du heute Abend also mal wieder von der Lust auf Schokolade gepackt wirst, dann tropfe dir ein paar Bittertropfen auf die Zunge und schon ist die Heißhungerattacke überstanden, ohne ein Gramm zugenommen zu haben 😉

Bitterstoffe holen ins Leben zurück

Allgemein sagt man, dass Bitterstoffe „ins Leben zurückholen“. Sie wirken tonisierend und anregend auf unseren gesamten Organismus.

Bitterstoffe zentrieren uns, sie unterstützen uns in schwierigen Zeiten, wenn uns zum Beispiel „die Spucke wegbleibt“.

Wenn es also einmal mit deiner Verdauung nicht stimmen sollte oder du dich matt, müde und ausgelaugt fühlen solltest, dann solltest du zu Bitterstoffen greifen und dich von ihnen zurück ins Leben holen lassen.

Und das ist auch wirklich ganz einfach. Denn die Natur stellt uns Bitterstoffe zur Genüge zur Verfügung. Wir müssen uns nur danach bücken: Bitterstoffe sind in heimischen Heilpflanzen enthalten, die oft direkt vor unseren Haustüren wachsen.

4 wichtige heimische Heilpflanzen mit Bitterstoffen

Wermut (Artemisia absinthium) und Beifuß (Artemisia vulgaris)

Wermut und Beifuß sind die beiden Heilpflanzen, an die du bei Bitterstoffen direkt denken solltest. Der Wermut ist um einiges bitterer als der Beifuß, weshalb dieser auch als sein kleiner, milderer Bruder bekannt ist und häufiger angewendet wird. Die Heilwirkungen von Wermut und Beifuß sind dieselben.

Bitterstoffe gesund_Beifuß

Der Beifuß ist als der kleine Bruder des bittereren Wermuts bekannt. Er wird häufiger angewendet, da er milder ist und seine Bitterstoffe für manch ungeübten Gaumen angenehmer sind.

In der Volksmedizin gilt der Beifuß als fäulniswidrig und reinigend.

Er entfaltet seine stärkste Heilkraft in der Anregung der Verdauungssäfte (Magen, Darm, Galle) und wird deshalb vordergründig bei einer Störung dieser Organe eingesetzt.

Auch bei Stein- und Blasenleiden, Nervenkrankheiten, allgemeiner Schwäche mit Kopfweh und Übelkeit wird gerne auf den Beifuß zurückgegriffen.

Weiterhin gilt er in der Volksmedizin als ein Mittel gegen Epilepsie.

Vorsicht in der Schwangerschaft: der Beifuß kann eine Frühgeburt auslösen.

Schafgarbe (Achillea milleforum)

Obwohl die Schafgarbe heute leider oft den Un-Kräutern zugeordnet wird, fand sie noch in jüngster Vergangenheit häufig Anwendung als Arzneipflanze.

Sie enthält neben den Bitterstoffen auch ätherische Öle, Gerbstoffe und Salicylate. In dieser Gesamtheit wirkt die Schafgarbe vor allem bei Durchfall, Magenschleimhautentzündung, Appetitlosigkeit, Gallenbeschwerden, Völlegefühl, zur Wundbehandlung und vielem mehr.

Du findest die Schafgarbe in unseren Breitengraden fast überall. Sie ist vor allem an ihren Blättern zu erkennen, die auch die „Augenbraue der Venus“ genannt werden und tatsächlich wie eine Augenbraue anmuten.

Doch wenn du die Schafgarbe sammeln möchtest, dann nimm besser ein Messer mit. Denn die Pflanze darf nicht einfach ausgerissen werden, da meist die gesamte Wurzel mitkommt.

Vorsicht in der Schwangerschaft: die Schafgarbe regt die Gebärmutter an.

Löwenzahn (Taraxacum officinale)

Bitterstoffe gesund_Löwenzahn

Selbst in den Städten wachsen Wildpflanzen mit Bitterstoffen. Allerdings solltest du diesen nicht gerade pflücken, sondern dir eher eine sauberere Stelle suchen 😉

Wer kennt ihn nicht aus seiner Kindheit, den Löwenzahn. Der Löwenzahn sieht mit seinen sonnengelben Blüten oder als „Pusteblume“ nicht nur wunderhübsch aus, sondern er trägt auch die gesunden Bitterstoffe in sich.

In seiner Gesamtheit wirken die Blätter des Löwenzahn blutreinigend, schützen vor Ablagerungen und Verkalkungen der Blutbahnen und fördern die Blutbildung.

Löwenzahn regt die Galle und die Leber an und kann sogar Gallengrieß und kleine Steine völlig auflösen.

Auch die Blüte, den Stängel und die Wurzel des Löwenzahns können wir verwenden.

Aus dem Löwenzahn können wir wunderbar Salat, Heilpflanzen-Honig, Schnaps oder (Kaffee-)Pulver zubereiten und so seine wertvollen Bitterstoffe einfach in unsere tägliche Ernährung integrieren.

Fazit

Warum Bitterstoffe so gesund sind, fasse ich hier nochmal zusammen: sie regen unsere Verdauungssäfte an und aktivieren besonders Lebertätigkeit und Gallenfluss.

Auch unsere Magensekretion, die Bauchspeicheldrüsen-Funktion und die Blutbildung werden positiv von Bitterstoffen beeinflusst.

Bitterstoffe können beim Abnehmen helfen und den Heißhunger auf Süßigkeiten lindern.

Du kannst Bitterstoffe als Tee, Tinktur, Tropfen oder Dekokt zu dir nehmen. Sie setzen ihre Wirkung bereits im Mund frei, wo sie unseren Speichelfluss anregen.

Insgesamt holen die Bitterstoffe uns ins Leben zurück, sie wirken tonisierend und aktivierend.

Und du kannst dir selbst Bitterstoffe in deine Wildkräuterküche integrieren, indem du zum Beispiel Löwenzahn, Beifuß und Schafgarbe in deinen täglichen Salat hinzufügst oder eine grüne Bitterstoff-Suppe aus ihnen kochst. Diese eignet sich zum Beispiel auch hervorragend als Bitterstoff-Frühlingskur, um unsere Lebenskräfte wieder zu aktivieren und uns aus dem Winterschlaf zu befreien.

Quellen

Literatur

Eva Aschenbrenner, Mit Eva Aschenbrenner durchs Wildkräuterjahr, Garmisch-Partenkirchen 2005. S. 16 f, 42f.

Weblinks

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